Erstellt am: 16.03.2023 13:59

Kategorie: Personen

Sulzbach-Spiegelberg nach zwei Jahren Vakanz wieder besetzt

Nach über zwei Jahren Vakanz ist die Stelle des Geschäftsführenden Pfarrers der Evangelischen Kirchengemeinde Sulzbach-Spiegelberg wieder besetzt. Feierliche Einsetzung von Leonard Nagel war am 5. März 2023.


Wenn man sich unter einer Investitur eine strenge und ernste Angelegenheit vorstellt, so musste man sich wundern, wenn man die feierliche Einsegnung des neuen Pfarrers in Sulzbach an der Murr am Sonntag, 5. März, miterleben durfte. Ernst ist es freilich, als Leonard Nagel unter dem gekreuzigten Christus das Gelübde ablegt und von Dekan Wilfried Braun für seine neue Aufgabe gesegnet wird. Und als die Verantwortlichen aus Kirchengemeinde, Bezirks- und Landessynode und die beiden Zeuginnen ihn vor dem Altar im Halbkreis umringen und feierlich geloben, ihn bei seinem Dienst nach Kräften zu unterstützen.

Drumherum aber gibt es während und nach diesem Festgottesdienst ein fröhliches Feuerwerk an Willkommensgrüßen, symbolträchtigen Geschenken, musikalischen Einlagen und guten Wünschen. Keiner, der in irgendeiner Weise mit dem evangelischen Pfarramt etwas zu tun hat, lässt sich die Gelegenheit entgehen, nach über zwei Jahren gähnender Leere im Pfarrhaus, seiner Freude über das neu eingezogene Leben Ausdruck zu verleihen. ((Symbolträchtig musste auch die jahrhundertalte, nunmehr morsche Kastanie vor der Kirche kurz vor dem Umzug gefällt werden und Platz machen für Neues.))

„Tut mir auf die schöne Pforte“ lautet denn auch das Eingangslied. Der Posaunenchor, die Kirchenmusiker Stefan und Andrea Abele und eine junge Band sorgen für eine festliche musikalische Umrahmung. Und an der Orgel wirkt mit beschwingtem Spiel kein geringerer als Manfred Erkert, der Chef des größten Sulzbacher Arbeitgebers HES.

((Dekan Braun versäumt es nicht, sich für die Bewältigung der Aufgaben während der Vakanz stellvertretend zu bedanken bei Pfarrer Andreas Kinzel, Kirchengemeinderatsvorsitzender Cornelia Boitin und Kindergartenbeauftragter Liselotte Denner. Auch die neue Pfarrfrau Evelin Nagel bekommt eine Rose überreicht, sie allerdings nicht in Rot, sondern – als Reminiszenz an ihre Arbeitsstelle – in Kärcher-Gelb.))

((Der frisch eingesegnete Gemeindehirte steigt auf seine neue Kanzel und hält als Kostprobe seine erste Predigt.))

Nach dem Ende des offiziellen Gottesdienstes trifft man sich bei Kaffee und Gebäck zu einem ungezwungenen Ständerling vor dem Altar und lauscht den Grußworten des Bürgermeisters, des Nachbarpfarrers aus Murrhardt, der Ökumene, der Landfrauen, von Musikverein, Akzente-Gemeinde, Gemeinschaftsschule und Kindergärten.

Nach drei kurzweiligen Stunden bedankt sich ein strahlender Leonard Nagel gerührt für „die warme Dusche zur Begrüßung“ und ist hochmotiviert, sich „voll reinzuwerfen“ in seine neue Aufgabe.

Der 33-Jährige mit Wurzeln im Badischen ist in Hessen und Nordrhein-Westfalen aufgewachsen. Obwohl er auch das Stadtleben kennt, hat ihn doch seine Jugend auf dem Land geprägt und es war sein expliziter Wunsch, für seine erste ständige Stelle jetzt eine ländliche Gemeinde zu bekommen: „Die reine Luft, das klare Licht, die anmutige, grüne Landschaft – das ist doch ein Teil von Lebensqualität!“ Hier möchte er mit seiner Frau Evelin eigene Kinder aufziehen, das erste ist schon im Werden – Ende Mai ist Geburtstermin. ((In Kauf nehmen müssen die beiden dafür ein denkmalgeschütztes Pfarrhaus in Staatsbesitz, in dem die Heizung nicht richtig funktioniert – für die langsam mahlenden staatlichen Mühlen waren anscheinend selbst die zwei Jahre Vakanz zu kurz.))

Und obwohl (oder vielleicht: weil?) er selbst aus einem Pastorenhaus stammt, war es zunächst überhaupt nicht sein Berufsziel, Pfarrer zu werden. Eher vielleicht Manager. Dass er sich nach seinem Abitur am Wirtschaftsgymnasium dennoch an der progressiven Theologischen Fakultät in Marburg einschrieb, lag eher an seinem Interesse an Debatten über die Frage: Was ist Wahrheit? Der Sinneswandel kam während des Studiums, zu dem auch ein selbstgewähltes, herausforderndes Praxishalbjahr an einem Schulzentrum in Darmstadt gehörte. „Die Schulklasse im Film „Fack ju Göhte“ trifft das ziemlich genau.“ Auch eine Flüchtlingsklasse hatte er dort unter seinen Fittichen.

Nach dem Vikariat in Hirschhorn am Neckar und drei Jahren unständiger Pfarrstelle in Ludwigsburg ist er gespannt, was ihn nun in Sulzbach erwartet: „Klar habe ich meine Vorstellungen, aber ich lasse mich gerne überraschen! Ich bin für alles offen.“ Und debattieren ist ja ohnehin seine Leidenschaft.


 

Ute Gruber