Erstellt am: 07.10.2023 15:53
Von: Pfr. Tobias Weimer, Matthäuskirche Backnang


Spielregeln

3 - 2 - 1 Los!


Als Pfarrer unterrichte ich auch Religion an der Schule. Die Schülerinnen und Schüler – egal ob in der 3. oder der 10. Klasse – freuen sich immer, wenn wir etwas spielen. Die eine oder andere erinnert sich vielleicht an die eigene Schulzeit. Es war nämlich wohl schon immer so.

In der 3. Klasse mache ich es einmal im Schuljahr so, dass ich der Klasse sage, dass wir in dieser Unterrichtsstunde etwas spielen. Alle jubeln und freuen sich. Dann die große Frage: Was spielen wir? Wenn ich dann „Quingsbamm“ oder einen anderen unaussprechlichen Namen sage, schauen alle verduzt. Darauf reagiere ich aber nicht. Stattdessen zähle ich von 5 herunter: „5. 4. 3. 2. 1. Los!“ Damit sind dann vollends alle komplett irritiert. Ich kann die Fragezeichen in den Gesichtern der Kinder richtig sehen. Und natürlich können sie sich nicht zurückhalten: „Ich kenne das Spiel gar nicht!“ „Wie geht das denn?“ „Was müssen wir machen?“ oder auch einfach nur „Hä???“

Und mir geht es ja ähnlich: Ich kenne das Spiel mit dem Fantasienamen auch nicht. Es gibt das Spiel nämlich gar nicht. Wir überlegen dann, was nötig ist, um ein Spiel, egal welches, zu spielen. Und damit haben die Kinder schon alles verstanden, was ich ihnen in dieser Schulstunde vermitteln wollte: Um miteinander spielen zu können, müssen die Spielregeln klar sein. Da kommen sie gleich drauf: Wir brauchen Regeln, die das Zusammenspielen klären. Denn spielen alle zusammen? Gibt es Gruppen? Was muss ich beachten? Was darf ich, was darf ich nicht?

Von da ist es dann nur noch ein ganz kleiner Schritt und die Schülerinnen und Schüler in der 3. Klasse sagen: Das gilt nicht nur für Spiele. Das gilt für das ganze Leben. Auch da gibt es Regeln, die das Zusammenleben klären. Das kennen sie von der Schule. Da gibt es auch Regeln, damit es im Unterricht gut funktioniert. Von daheim kennen sie es auch. Denn auch da klappt es nicht gut, wenn alle immer nur das machen, worauf sie gerade Lust haben.

Im Unterricht mache ich das übrigens, weil wir dann anschließend über die Zehn Gebote reden. Einfach Sätze, einfach Tipps, wie das Zusammenleben gut gelingen kann. Die Wahrheit über andere nicht verdrehen gehört dazu. Nicht töten. Nicht stehlen. Und auch die Bedeutung der Eltern und natürlich von Gott wird erwähnt.

Ich finde diese 10 Tipps auch für uns heute noch sehr gut, auch wenn sie schon Jahrtausende alt sind. Und gerade im Blick auf die politischen Debatten in unserem Land wünsche ich mir vor allem, dass alle Beteiligten diesen einen Hinweis wieder beherzigen, gerade jetzt, wo manche in den Wahlkampfmodus schalten: Dass für Wählerinnen- und Wählerstimmen die Wahrheit nicht verdreht wird. Alles andere vergiftet nur unsere Gesellschaft!

Übrigens: Mit der Schulklasse spiele ich dann natürlich zum Stundenende immer noch ein richtiges Spiel, das ist ja klar.


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