Erstellt am: 09.04.2013 20:40
Von: Gerhard Sattler, Klinikseelsorger Backnang


Vom Guten Hirten

Worte grenzenlosen Vertrauens


"Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln."

Er gehört wohl zu den bekanntesten Bibelstellen, dieser 23. Psalm, der Psalm vom guten Hirten. Von einem seiner Verse hat der Philosoph Immanuel Kant gesagt: "Alle Bücher, die ich gelesen habe, haben mir den Trost nicht gegeben, den mir das Wort gab: "Ob ich schon wandere im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du, Herr, bist bei mir."

Was ist es nur, das einen an diesem Gebetslied so ansprechen, so tief berühren und ruhig machen kann? Es ist wohl das grenzenlose Vertrauen, das aus diesen Worten spricht. Da bekennt einer:

"Du sorgst für mich. Nichts wird mir fehlen. Ich weiß, ich werde geführt auf dem rechten Weg. Selbst in der Finsternis und im Schatten des Todes brauche ich mich nicht zu fürchten, denn ich bin nicht allein. Du bist bei mir. Du tröstest mich, wie einen seine Mutter tröstet. Selbst wenn ich bedrängt bin von Angst, Not und Schmerzen, kannst du aus meinem Leben noch ein Fest machen. Deine Güte und Barmherzigkeit weichen mein ganzes Leben lang nicht. Und am Ende, da werde ich für immer bei dir zu Hause sein."

Worte grenzenlosen Vertrauens - und dieser 23. Psalm spricht uns vielleicht deshalb so an, weil wir solches Vertrauen auch gerne hätten, besonders in Zeiten, in denen uns Schmerz, Trauer oder Angst bedrängen, in denen Fragen offen sind und wir mit Sorge und Bangen in die Zukunft schauen.

Keiner möchte sich gängeln lassen, und wir wissen, dass es vielen, die Einfluss auf uns nehmen wollen, nur darum geht, die eigenen Schäfchen ins Trockene zu bringen. Und doch sehnen wir uns nach jemandem, dem wir uns wirklich und bis zum Letzten anvertrauen können.

Das Bild vom guten Hirten nimmt diese Sehnsucht auf, und Jesus bezieht es auf sich selbst, wenn er sagt: "Ich bin der gute Hirte, und gebe mein Leben für die Schafe" (Joh.10,14+15).


Eine kleine Geschichte aus England erzählt: In einer Abendgesellschaft kam man nach dem Essen überein, dass jeder den Anwesenden etwas vortragen solle. Als erster erhob sich ein bekannter Schauspieler. Mit allen Mitteln der Rede- und Vortragskunst deklamierte er den 23. Psalm. Ungeheurer Beifall brauste auf, als er sich wieder setzte. Als nächster erhob sich ein ruhiger, stiller Mann. Und zum Erstaunen aller las er ebenfalls den 23. Psalm. Das Gekicher, das seine Worte anfangs begleitet hatte, hörte bald auf, und eine Stille herrschte, die beredter war als jeder Applaus. Nach den letzten Worten schwiegen alle, und dann beugte sich der Schauspieler zu dem Mann hinüber und sagte: "Sir, ich kenne zwar den Psalm; Sie aber kennen den Hirten."


Ja, der Psalm vom guten Hirten kann einem zum vertrauten Gebet werden. Möge Ihnen solches Vertrauen nie verloren gehen, wie es in ihm zum Ausdruck kommt – ein Vertrauen, das trägt, auch in den Krisenzeiten des Lebens.


Gerhard Sattler, Klinikseelsorger Backnang

Tel: 07191-33-2110


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