Erstellt am: 04.09.2011 14:15
Von: Arturo Pompe, Pastor Liebenzeller Gemeinschaft, Backnang


Rücksicht hat mit Sehen zu tun

Sich auf das Abenteuer einlassen, bewußter hin zu sehen...


Weh denen, die unrechte Gesetze machen, um die Sache der Armen zu beugen und Gewalt zu üben am Recht der Elenden! Jesaja 10,1.2 Wie schön ist es, wenn man von Zeit zu Zeit einen lieben Menschen mit einem phantasievoll arrangierten Rosenstrauß überrascht. Ein paar blumige Farbtupfer in der Wohnung sollen für einige Tage Liebe und Wertschätzung vermitteln. Da zahlt man auch gerne einen Euro mehr und drückt damit aus, wie wertvoll uns ein Mensch ist. Doch wer hätte gedacht, dass ausgerechnet die schönste aller Blumen zum Symbol himmelschreiender Rücksichtslosigkeit geworden ist? Es schmerzt, wenn man hört, dass skrupellose Unternehmer in Afrika den Kleinbauern das Wasser abgraben, damit Rosenzucht in großem Stile betrieben werden kann. Die europäischen Märkte müssen gesättigt werden. Da ist egal, wie es einer Minderheit einheimischer Afrikaner geht, denen in kurzer Zeit ihr Stammrecht auf die Wasserressourcen abgesprochen wurde. Sie sollen sehen, wo sie bleiben! Mit Sicherheit sind Sie genau so schockiert wie ich. Aber was kann man da tun? Ist es die Lösung, wenn wir den Blumenhandel boykottieren? Sicher gibt es da eine Reihe von Maßnahmen, wie man verantwortungsbewusst Zeichen in seinem Konsumverhalten setzen kann. Aber es bleibt doch immer nur der "Tropfen auf den heißen Stein". Müssen wir deshalb auf die kleinen schönen zwischenmenschlichen Rituale verzichten. Sicher nicht, denn es gibt auch noch andere Blumen. Und dann stechen uns da noch zahllose andere Ungerechtigkeiten in der Welt in die Augen. Wo will man da anfangen, Maßnahmen zu ergreifen - und wo hört es schließlich auf. Am Ende muss man sich doch damit abfinden, dass wir die Rücksichtslosigkeiten in der Gesellschaft niemals abstellen können. Aber es ist gut sie wahrzunehmen; sich eine Meinung zu bilden und diese auch mutig zu vertreten. Das kann vielleicht auch bedeuten, dass man einmal auf etwas verzichten muss oder etwas einmal teurer werden kann. Weil Rücksichtslosigkeit schon immer ein Problem war, gibt uns die Bibel einen wichtigen Rat: Jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient (Philipper 2,4). Es kommt auf unser Sehen an. Was wollen wir sehen? Wovor verschließen wir lieber die Augen? Wenn wir uns auf das Abenteuer einlassen, die Augen offen zu halten, dann sehen wir bewusster, wo Rücksicht angebracht wäre. Dann sehen wir hinter dem Teppich, der uns so günstig angeboten wird, die Kinder, die vor Arbeit nicht spielen können. Oder die Frauen, die für Hungerlöhne unsere Kleider nähen. Rücksicht heißt doch, zu schauen, dass niemand Nachteile für unsere Vorteile hat. Arturo Pompe, Backnang

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