Erstellt am: 31.08.2017 11:10
Von: Steffen Kaltenbach, Pfarrer, Fornsbach-Kirchenkirnberg.


Es werde Würde!

Ferienzeit: Mensch sein. Ohne Druck.


Über eine Million Menschen in Baden – Württemberg tragen die Berufsbezeichnung „Schülerin, bzw. Schüler“ im (Schüler-) Ausweis. Kinder und Jugendliche mit dem Lebensschwerpunkt im Raum Schule. Hinter diesen jungen Menschen stehen Eltern und Familien, die bis zur Oma mitfiebern oder auch mitleiden, wenn das Zeugnis auf den Tisch kommt. Und auch im Vergleichen untereinander sind Jugendliche an den Notenziffern oder an der Zugehörigkeit zu einer Schulart orientiert: „Typisch Gymnasiast“ oder „bist halt ein Hauptschüler“ heißt es dann zum Beispiel unter Konfirmanden. Im System Schule und ihrem Umfeld finden Klassifizierungen statt, die viele als selbstverständlich hinnehmen, die andern aber auch weh tun können. Jetzt, zum Sommer, liegen also die Zeugnisse vor, scheinbar die in Notenziffern eingedampften Schülerleistungen eines gesamten Jahres. Und je nach Ergebnis prägt dieses Zeugnis die Stimmung in der ganzen Familie. Wer weiß, wie viele „Büffelpläne“ für die kommenden sechs Wochen erstellt werden. Nachhilfe-Kompaktkurse vor Schuljahresbeginn sollen das Abstürzen im neuen Schuljahr verhindern oder das Durchstarten unterstützen. Aber jetzt sind erst einmal Ferien! Zeit, den Hauptberuf der Jugendlichen und der Kinder ruhen zu lassen, und ihnen als Menschen mit viel umfassenderen Interessen und Begabungen Aufmerksamkeit und Zuwendung zu schenken. Ferien eröffnen Chancen, das Staunen miteinander und übereinander zu lernen: „Wow, was hat meine Tochter alles drauf!“ Oder: „Wahnsinn, wie nachdenklich mein Sohn schon ist.“ Ferien lassen einen miteinander das Leben teilen, gemeinsam kochen, backen und genießen, miteinander auf dem Fahrrad zu Entdeckungen in der Natur aufbrechen. Zeit haben und sich Zeit nehmen: Das erlauben die Ferien. Mensch sein. Ohne Druck. Mit allen Sinnen und aus der Fülle der je eigenen Begabungen. „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott, mit Ehre und Herrlichkeit hast du ihn gekrönt…“, singt Psalm 8. Das Hohelied der Menschenwürde. Es gilt Schülerinnen und Eltern gleichermaßen. Und es lädt uns Menschen ein, einander unsere Würde zuzusprechen: „Schön, das es dich gibt!“ Steffen Kaltenbach, Pfarrer, Fornsbach-Kirchenkirnberg.

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