Den Glauben weiter geben

Den Wert christlicher Feste vermitteln.

In den letzten zehn Jahren meines aktiven Pfarrdienstes ist mir das Stichwort „Christliche Werte“ deutlich öfter begegnet als früher. Ich habe mich einerseits darüber gefreut, dass es Menschen offenbar zunehmend wichtig wird, Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Ehrlichkeit, Geduld und Bescheidenheit in ihrem Leben einen hohen Stellenwert beizumessen. Oft war damit z.B. in Taufgesprächen der Wunsch verbunden, dass solche Tugenden auch in künftigen Generationen nicht verloren gehen mögen. Die große Bereitschaft von Eltern, dazu etwas beizutragen in Wort und Tat, hat mich beeindruckt.

Nachdenklich gestimmt, ja oft bedrückt, haben mich dagegen die im gleichen Zeitraum deutlich zurückgegangenen Teilnehmendenzahlen bei Gottesdiensten, selbst an hohen Festtagen wie Karfreitag, Ostern und Heilig Abend. Man mag davon manches aufs Corona-Konto buchen oder sagen, Pfarrerinnen und Pfarrer müssten die Gottesdienste nur moderner gestalten, dann würden die Leute schon kommen. Wenn ich recht sehe, taugt das aber höchstens zur Hälfte als Erklärung. Die andere Hälfte scheint mir zu sein, dass uns Heutigen zunehmend der Sinn und die Fähigkeit fürs gemeinsame Feiern abhandenkommt.

Neulich erzählte mir eine Religionslehrerin, dass in ihrer 2. Grundschulklasse 90% der Kinder mit dem Namen Jesus rein gar nichts verbinden konnten. Was „freie Tage“ sind, hätten wahrscheinlich alle gewusst, dass diese ihren Grund in „Feiertagen“ haben, vermutlich kaum jemand.

Nun mag mancher sagen: Was kümmert mich die Entstehungsgeschichte kirchlicher Feiertage? Hauptsache, ich habe frei und mir geht es gut. Womöglich aber hängen ja Freihaben, Freisein und Wohlergehen in der Zukunft nicht unwesentlich davon ab, wie wir es mit christlichen Werten und kirchlichen Feiertagen halten. Bei Werten wie Hilfsbereitschaft und Ehrlichkeit liegt das auf der Hand, denn wenn mir im Ernstfall keiner hilft, geht es mir bald nicht mehr gut und wenn alle darauf aus sind, mich hereinzulegen, auch nicht. Dass aber das gemeinsame Feiern von kirchlichen Festen und Gottesdiensten Mut und Kraft, Orientierung und Hoffnung geben kann und damit Rückenwind für die Umsetzung christlicher Werte in einem gelingenden Leben, das können in diesen Tagen wieder viele Konfirmandinnen und Konfirmanden und ihre Familien erleben. Und uns anderen bietet jeder Sonn- und Feiertag eine neue Chance dazu.

Dekan Wilfried Braun, Dekanatamt Backnang