Erstellt am: 09.10.2006 17:27
Von: Dekan Wolfgang Traub


Deutschland im Lottofieber

Wort zum Sonntag am 14.10.2006 von Dekan Wolfgang Traub (Evang. Kirche Backnang)


n den letzten Tagen und Wochen hielt eine fast nicht vorstellbare Gewinnsumme viele Menschen in ihrem Bann. Es gab kaum eine Nachrichtensendung, in der nicht über den Lotto-Jackpot berichtet wurde oder eine Zeitung, in der nicht davon zu lesen war. Und je höher die Gewinnsumme von Ziehung zu Ziehung stieg, desto länger wurden die Schlangen in den Lottoannahmestellen. Zusätzliche Tische für die Annahme der Lottoscheine wurden aufgestellt, Aushilfspersonal wurde eingestellt und die Tippmöglichkeiten im Internet waren zeitweise überlastet. Viele, die sonst nicht spielen oder es aufgegeben hatten, wollten mit dabei sein und sich die Chance auf den Gewinn nicht entgehen lassen. Die äußerst geringe Aussicht auf Reichtum und ein Leben in Wohlstand war stärker als die Einsicht, dass es viel wahrscheinlicher ist, vom Blitz erschlagen zu werden, als die glückliche Gewinnerin oder der glückliche Gewinner zu sein. Die außergewöhnliche Gewinnchance spielte dabei eine wesentliche Rolle. Und bei vielen wohl auch die Hoffnung, wenn schon nicht den Hauptgewinn, dann doch wenigstens soviel zu bekommen, um von der mühsamen Sorge um das Auskommen und dem zunehmenden Zwang zum Sparen befreit zu werden. Die hohe Aufmerksamkeit und der gewaltige Andrang der Menschen zeigen, welch großen Stellenwert und Einfluss diese materielle Seite unseres Lebens hat. In einer Art und Weise, dass sie Menschen gefangen nehmen und in ihrem Leben behindern kann. „Was hülfe es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nehme doch Schaden an seiner Seele“ hat Jesus Christus gesagt (Matthäus 16, Vers 26). Mit diesen Worten ruft er Menschen in seine Nachfolge, um sie aus den Bindungen und Abhängigkeiten ihres Lebens zu befreien. Dafür gebraucht er immer wieder deutliche, radikale – das heißt an die Wurzel gehende – Worte, um die Menschen mit seiner frohen Botschaft von der Liebe Gottes zu erreichen. Weil diese materielle Dimension unseres Lebens so groß und mächtig ist, brauchen wir wohl immer wieder auch deutliche Worte, um unsere Aufmerksamkeit auf die frohe Botschaft zu lenken, die Jesus Christus uns bringt. Denn in ihr geht es in einer Art und Weise um uns und unser Dasein, die sich nicht in Euro und Cent ausdrückt, sondern die sich in hoffnungsvollem, erfülltem und sinnvollem Leben erfahren lässt.

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