Erstellt am: 11.04.2023 23:11
Von: Pfrin. Ulrike Heinrich, Sachsenweiler-Steinbach


Liebst du mich?

Dreimal JA hebt dreimal NEIN auf!


Eigentlich ist es nur ein einfaches, stinknormales Lagerfeuer, wie es tausende gibt. Dennoch ist es ein kleines fein gesetztes Element in der Komposition der Ostergeschichte im Johannesevangelium. In Kapitel 21 sitzen die Jünger mit dem auferstandenen Jesus zusammen am Ufer des Sees Genezareth und wärmen sich frühmorgens nach dem Fischen am Lagerfeuer. Sie braten dort einige Fische und essen zusammen. Nach den aufregenden Ereignissen in der Karwoche und dem eigentlich unfassbaren Ostergeschehen sind die Jünger wieder in ihr altes Leben zurückgekehrt. Sie fischen wieder im See Genezareth. Doch in jener einer Nacht haben sie nichts gefangen. Sie sind schon wieder kurz vor der Rückkehr ans Ufer, als ein Mann sie daraufhin anspricht und ihnen rät, die Netze auf der rechten Seite des Bootes erneut auszuwerfen. Sie tun es, sie haben ja nichts zu verlieren. Und plötzlich fangen sie etwas. Da erkennen sie den Mann, es ist Jesus. Als sie mit ihrem Fang an Land kommen, hat er schon ein Feuer gemacht und sie grillen und essen zusammen. Sie genießen die Gemeinschaft am noch kalten Morgen am Feuer, freuen sich über das Frühstück und die Gesellschaft von Jesus.

Nach einer Weile fragt Jesus Petrus: „Liebst du mich mehr als die anderen Jünger?“ Und Petrus entgegnet: „Ja, du weißt, dass ich dich liebhabe.“ Darauf sagt Jesus: „Weide meine Lämmer!“ Und Jesus fragt ein zweites Mal: „Liebst du mich?“ Was Petrus wiederum bestätigt. Darauf erhält er wieder den Auftrag: „Weide meine Schafe!“ Schließlich fragt Jesus noch ein drittes Mal, was Petrus traurig macht. Muss Jesus denn so oft fragen? Und als Petrus in die Glut des Lagerfeuers blickt, fällt ihm wohl das andere Lagerfeuer ein, an dem er saß und wo er auch dreimal etwas gefragt wurde. Das Lagerfeuer wird nur zweimal im Johannesevangelium erwähnt und an beiden Stellen hat es etwas mit Petrus zu tun. Wir erkennen die feine Komposition des Evangelisten. Als Petrus sich beim ersten Mal am Lagerfeuer wärmt, ist es noch mitten in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag. Jesus ist gerade verhaftet worden und Petrus hat sich hinterhergeschlichen. Nun wird Jesus im Palast des Hohenpriesters verhört, währenddessen setzt Petrus sich im Hof ans Lagerfeuer, um sich unter die Leute zu mischen und um sich zu wärmen. Dann wird er dreimal gefragt. „Warst du nicht auch dabei?“, „Gehörst du nicht zu Jesu Jüngern?“, „Sah ich dich nicht im Garten bei Jesus?“ Und dreimal leugnet Petrus, Jesus zu kennen. Er, der noch kurz vorher zu Jesus gesagt hatte: „Ich werde dich nie verlassen. Ich würde sogar mit dir in den Tod gehen!“ – er sagt dreimal nein. Aus Angst? Aus Feigheit? Aus Überlebensinstinkt?

Da kräht der Hahn und Petrus erinnert sich an Jesu Vorhersage: „Noch bevor der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen!“ Bitterlich weinen muss er da an diesem Lagerfeuer und ist enttäuscht von sich selbst. Und jetzt einige Tage später blickt er wieder in ein Feuer und es wir ihm klar. Jetzt durfte er Jesus dreimal ins Gesicht sagen: „Ich liebe dich!“ Dreimal Ja hebt dreimal Nein auf. Jesus nimmt Petrus das schlechte Gewissen, er begegnet ihm neu und lässt ihn dreimal wieder gutmachen, was Petrus noch immer bedrückt. Die Verleugnungen waren die letzten Momente gewesen, die Petrus mit Jesus vor dessen Tod noch erlebt hat. Um wie viel schwerer muss da der Kreuzestod Jesu für Petrus gewesen sein. Doch jetzt darf er sich mit dem auferstanden Jesus versöhnen. Dreimal Ja hebt dreimal Nein auf. Dazu verleiht Jesus ihm die wichtige Aufgabe: „Weide meine Schafe!“ Es sind zwei Lagerfeuer, die diese gewichtigen Neins und Jas begleiten – die einzigen beiden Lagerfeuer, die im Johannesevangelium vorkommen. Wirklich kunstvoll aufgebaut.

Pfrin. Ulrike Heinrich, Sachsenweiler-Steinbach


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